
Jule Brand zeigt bei der Frauen-EM beeindruckende Leistungen und überzeugt als komplette Fußballerin. Nicht nur offensiv, sondern eben auch defensiv. Dem Titel ordnet Deutschlands Nummer 22 alles unter.
Beim Regenerationstraining der Mannschaft am Montag stand Fußball-Tennis auf dem Programm. Hacke, Spitze – eins, zwei, drei. Die technisch starke Jule Brand war in ihrem Element. Und sie zeigte, was sie konnte, als sie spielerisch leicht immer wieder den Ball über das gespannte rot-weiß gestreifte Flatterband bugsierte.
Feine Ballbehandlung, schöne Tore und viele Offensivaktionen, das kennt man von der jungen Frau aus Rheinland-Pfalz. In diesen Tagen in der Schweiz zeigt die 22-Jährige aber eindrucksvoll, dass sie noch ganz andere Qualitäten hat – und zwar in der Defensive.
Wer weiß, ob Deutschland gegen Frankreich (7:6 n.E.) gewonnen hätte und jetzt vor dem Halbfinale gegen Spanien stehen würde, wenn die 22-Jährige nicht nach 105 anstrengenden Minuten den langen Sprint nach hinten angezogen hätte. Im Strafraum verhinderte sie Melvine Malard mit einer astreinen Grätsche am Schuss aufs Tor.
Und diese Szene ist längst kein Einzelfall: Laut den Daten von „createfootball“ bestritt Brand gegen Frankreich 34 Zweikämpfe und damit zehn mehr als jede andere Spielerin auf dem Platz. Starke 18 davon gewann sie – und ist nunmehr mit 41 gewonnenen Duellen die beste Zweikämpferin bei dieser EM überhaupt (!). Darauf angesprochen, sagt Brand im Sportschau-Interview aber nicht mehr als: „Oh, das hätte ich nicht gedacht.“
Brand konzentriert sich auf sich, Nüsken lobt überschwänglich
Sie zeigt in der Schweiz nämlich noch ein anderes Bild von sich. Es ist noch nicht lange her, da hat sie sich viele Gedanken darüber gemacht, was über sie berichtet wird. Was von ihr erwartet wird. Und wie sie alldem gerecht werden kann.
Ich glaube, wenn Jule selbstbewusst auf dem Platz ist, dann ist sie unschlagbar.
Jetzt sagt sie: „Ich habe gerade die Einstellung, dass wir den Titel holen wollen und dafür gebe ich alles. Das ist so in meinem Kopf. Da interessiert mich nicht, was Medien schreiben oder was erwartet wird. Ich will einfach mein Bestes geben und dem Team helfen.“
Dafür sind ihre Mitspielerinnen voll des Lobes. So wie Sjoeke Nüsken: „Jule ist eine überragende Spielerin. Sie bringt von außen sehr viel frischen Wind mit, geht immer ins Eins-gegen-Eins und traut sich da was zu.“ Die deutsche Vize-Kapitänin fügt sogar noch hinzu: „Ich glaube, wenn sie selbstbewusst auf dem Platz ist, dann ist sie unschlagbar.“
Die Abwehrarbeit sei schlicht nötig gewesen
Für Brand lohnen sich auch keine Gedanken darüber, ob sie nicht eher in der Offensive glänzen könnte. Hat ihr die Abwehrarbeit denn wenigstens Spaß gemacht? „Was heißt ‚Spaß machen‘, in dem Spiel hat man das einfach gebraucht.“ Gerade in Unterzahl sei es „mein Auftrag gewesen, auch hinten zu verteidigen“.
Jule Brand warf sich im Viertelfinale in jeden Zweikampf und brachte die Französinnen so mehr und mehr zum Verzweifeln.
Gleichzeitig ermöglichte ihr Einsatz im Zweikampf gegen Selma Bacha, mit der sie in der kommenden Saison in Lyon zusammenspielt, Deutschland laut den Daten die einzige Großchance der Partie. Den fälligen Elfmeter verschoss Sjoeke Nüsken, die zuvor aber schon nach einer Ecke per Hinterkopf zum 1:1 getroffen hatte.
Brand freut sich über die Aufmerksamkeit für andere
Auch die Tatsache, dass sie mit solch einem Auftritt in Frankreich sicher noch mal Werbung für sich selbst gemacht hat, interessiere sie nicht, so Brand: „So war das nicht in meinem Kopf. Frankreich wollte gewinnen, wir wollten gewinnen. Im Moment ist meine Mannschaft Deutschland. Ich genieße es komplett und gebe alles für das Team.“
Viel mehr habe sie sich deshalb gefreut, dass Torhüterin Ann-Katrin Berger, so wie die neuen Außenverteidigerinnen Sophia Kleinherne und Franziska Kett für ihre Leistungen gefeiert worden sind. Zumal sie das Miteinander im Mannschaftskreis wirklich zu schätzen weiß: „Es macht sehr viel Spaß mit den Mädels. Wir sind kaum auf dem Zimmer, sondern chillen auch zusammen – unten, draußen im Garten.“
Auch Spanien soll es schwerstmöglich haben
Was Brand nicht gern mag, ist die Eistonne zur Regeneration nach dem Spiel. „Gar nicht, ich finde es einfach sehr kalt.“ Aber was soll’s: „Es hilft.“ Also wird es gemacht – genauso wie die Defensivarbeit. Alles für das große Ziel – und um fit zu sein, wenn Deutschland am Mittwochabend (21 Uhr) in Zürich auf Spanien trifft.
Regeneration steht vor dem Spanien-Spiel auch bei Jule Brand hoch im Kurs.
„Wir wissen alle, wie gut sie technisch sind – oder mit den Pässen. Es wird sehr anstrengend. Wir dürfen kein Prozent nachlassen. Wenn wir zusammen alles geben, wird es auch Spanien schwer haben, gegen uns zu gewinnen“, betonte Brand, die sich auch gegen Spanien nicht schonen wird. Ein bisschen Hacke und Spitze darf es auf dem Weg ins Finale aber auch sein.
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