Rückstand gedreht, Führung verspielt: Die Niederlande und Deutschland haben in der Nations League ein sehenswertes und intensives Fußballspiel geboten. Verdient, dass beim 2:2 (2:1) am Dienstag (10.09.2024) niemand punktlos blieb. Nach der frühen Führung von Tijjani Reijnders hatten Deniz Undav und Joshua Kimmich für die Wende gesorgt, Denzel Dumfries dann für die Gastgeber zurückgeschlagen.
„In Anbetracht dessen, dass wir auswärts gespielt haben und nach zwei Minuten in Rückstand geraten, fand ich es schon sehr gut. Wir sind sehr gut zurückgekommen, haben mehr investiert und sind mehr Risiko gegangen. Wir haben ein gutes Auswärtsspiel gemacht“, sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann im Sportschau-Interview und lobte seine Mannschaft. „Die 10 Tage haben wieder Spaß gemacht. Ich habe eine sehr gute Mannschaft, die gut zu trainieren ist. Wir sind auf einem sehr guten Weg.“
Spiel beginnt mit Rückschlag für Deutschland
Nach dem 5:0 gegen Ungarn gab es in Amsterdam erstmal einen Blitz-Dämpfer für das DFB-Team. Denn schon in der zweiten Minute sorgte Reijnders für die Führung der Gastgeber – und nutzte eine völlige Fehl-Positionierung der gesamten deutschen Defensive. Torhüter Bart Verbruggen spielte einen langen Ball auf Brian Brobbey und schon war die ganze DFB-Hälfte offen, sodass Ryan Gravenberch auf den Torschützen durchstecken konnte.
„Generell können wir mit dem Ergebnis gut leben, vor allem wenn man sieht, wie wir in beide Halbzeiten gestartet sind. Die Reaktion auf das frühe 0:1 war schon gut, da hat man gemerkt, dass wir schon ein gewisses Selbstverständnis haben“, sagte Kimmich nach dem Spiel.
Brobbey macht Deutschland (und vor allem Tah) Probleme
Doch die Mannschaft von Nagelsmann brauchte in der Folge einige Momente, um sich zu schütteln, kam auch nach dem Schuss von Kai Havertz ans Außennetz (11.) noch nicht so richtig ins Spiel. Vor allem Brobbey machte Deutschland große Probleme, Abwehrchef Jonathan Tah verlor jedes Duell gegen den bulligen Stürmer, wusste sich meist nur mit Fouls zu helfen.
Nachdem Tahs Partner Nico Schlotterbeck ein Foul an Xavi Simons begangen hatte, wurde es dann wieder vor dem deutschen Tor gefährlich – und eigentlich hätte auch das 2:0 fallen müssen. Der Star von RB Leipzig brachte die Freistoßflanke selbst, und zwar punktgenau auf Dumfries, der aus sieben Meter jedoch völlig frei vorbeiköpfte (15.). Kurz darauf vergab Simons die nächste gute niederländische Gelegenheit, Marc-Andre ter Stegen rettete (21.).
De Ligt ermöglicht DFB-Doppelschlag
Doch dann übernahm Deutschland die Kontrolle und leitete die Wende ein. Ex-Bayern-Verteidiger Mathijs de Ligt verlor den Ball, nach dem folgenden Konter kam Jamal Musiala zum Abschluss, der Ball landete aber auf dem Tornetz (25.). Im Netz landete er aber nach dem nächsten groben Patzer von de Ligt: Musiala grätschte in dessen Pass und war somit Initiator des Gegenangriffs, bei dem Florian Wirtz erst die Großchance vergab, Undav aber bei seinem Startelfdebüt im Nachschuss den Ausgleich erzielte (38.).
Tatsächlich gelang es dem DFB-Team aber sogar, das Spiel noch vor der Pause komplett auf den Kopf zu stellen. Robert Andrich spielte einen traumhaften Diagonalpass auf David Raum, der den Ball auf Undav grätschte und dessen Schuss wurde zum Querschläger, der genau zum vor dem leeren Tor postierten Kimmich kullerte – das 2:1 in der dritten Minute der Nachspielzeit.
Dumfries macht es besser als Havertz
Die anschließende Pause nutzten die Niederländer jedoch, um sich zu sammeln – und sie schlugen wieder schnell zu. Musiala dribbelte am eigenen Strafraum und verlor den Ball, den Simons auf Brobbey durchsteckte. Der setzte sich diesmal nicht gegen den zur Halbzeit ausgewechselten Tah durch, sondern gegen Schlotterbeck und machte Dumfries mit seinem Zuspiel das Toreschießen sehr leicht (50.).
Aus wenigen Metern musste der Oranje-Flügel den Ball nur über die Linie drücken – wie schwer das aber sein kann, zeigte danach Havertz. Wirtz fälschte eine Flanke von Raum auf den Offensivmann ab, doch der schoss ihn aus einer ähnlich kurzen Distanz über das Tor (51.). Und damit ging der Chancenwucher des Arsenal-Stürmers weiter: Seit EM-Start hatte Havertz reihenweise Top-Gelegenheiten, er traf seitdem aber lediglich per Elfmeter.
Nur noch eine Chance nach der 70. Minute
Das Spiel nahm sich im Anschluss eine kleine Pause, pünktlich zum Anbruch der letzten 20 Minuten gab es aber die nächste große Gelegenheit. Raum kam völlig frei zum Kopfball, stellte aber unter Beweis, dass das Toreschießen – oder in dem Fall Toreköpfen – nicht zu seinem Spezialgebiet gehört, der Linksverteidiger setzte den Ball deutlich zu hoch an (71.).
Ansonsten waren es vor allem rassige Zweikämpfe, die in dieser Phase das Spiel bestimmten. Und es hatte mit Davide Massa einen Schiedsrichter dafür – zwar waren viele seiner Entscheidungen diskutabel, seine großzügige Linie zog er aber auf beiden Seiten in der zweiten Halbzeit durch. Das 47. Aufeinandertreffen der beiden Rivalen hatte so alles, Phasen mit fußballerische Klasse, aber auch Phasen mit viel Kampf.
Es wirkte in den letzten Minuten allerdings so, als seien beide Mannschaften mit dem Ergebnis einverstanden. Nicht nur Deutschland hatte das erste Spiel der Nations League deutlich gewonnen, sondern auch die Niederlande, die Bosnien-Herzegowina mit 5:2 bezwungen hatten. So war es dann tatsächlich so, dass sich die Rivalen 80 Minuten lang bekämpften und dann die letzten Minuten wie einen Waffenstillstand wirken ließen – und sich mit ihrem vierten Punkt begnügten.
Wobei Schlotterbeck nach der Partie nicht ganz zufrieden war. „Wenn man führt, ist das schwer zu sagen, aber es ist schon okay, weil es ein gutes Spiel von beiden Seiten war, es ging hoch und runter“, sagte der BVB-Verteidiger im Sportschau-Interview. „Wir müssen mit dem 2:2 leben, aber ich glaube, wir waren einen Tick die bessere Mannschaft.“
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